3. Problemstellung, Grundanliegen des Forschungsprojektes und Folgefragen

Als Ertrag der (sehr vereinfachenden) Skizze der rechtlichen Ausgangslage ist festzuhalten, dass die drei in den Blick genommenen Rechtsordnungen kein verallgemeinerungsfähiges Ordnungsmodell für eine Familienvermögensplanung im Sinne einer generationenübergreifenden Perpetuierung von Sondervermögen bieten. Familienvermögensplanung ist zwar ein weit verbreitetes und möglicherweise urmenschliches Anliegen, es wird jedoch von den Rechtsordnungen nicht positiv adressiert. Ob und inwieweit sich dieses Anliegen juristisch tragfähig umsetzen lässt, hängt daher im Kern von der Reichweite der privatautonomen Verfügungsmacht des individuellen Rechtssubjekts über sein eigenes Vermögen ab. Die entscheidenden Sollbruchstellen sind ist dabei die Scheidung der Ehe oder die Beendigung der Partnerschaft sowie der Tod der natürlichen Person. Die entscheidende Frage der langfristigen, also generationenübergreifenden Planung lautet dabei, ob ein Mensch berechtigt sein soll, über seinen Tod hinaus das weitere Schicksal seines Vermögens für die Familie bindend festzulegen. Auch in Rechtssystemen, die auf Privateigentum, Privatautonomie und Familienerbrecht beruhen, ist dies keineswegs selbstverständlich: Die juristische Fortwirkung der individuellen Selbstbestimmung nach Wegfall des Individuums erscheint durchaus begründungsbedürftig. So groß der Wunsch des Menschen sein mag, sichtbare Spuren seines Wirkens zu hinterlassen und so groß die Scheu, endgültig alles „loszulassen“, so viel spricht doch auch dafür, jeder Generation die Liquidität für eigene Vorstellungen und Lebensprojekte zu geben und daher die Liquidation zu erzwingen.

Die in den Blick genommenen Rechtsordnungen gehen den Weg eines Kompromisses, der möglicherweise weniger eine Umsetzung eines klaren teleologischen Konzeptes darstellt, als er Ergebnis mehr oder weniger zufälliger historischer Entwicklungen ist. Grundsätzlich anerkennen sie als Testierfreiheit eine Verlängerung der juristischen Wirkungsmacht über das eigene Vermögen über den Tod hinaus und zwar sowohl im Hinblick auf die Person des/der Erben als auch im Hinblick auf  weitere Verwendung des Vermögens/Nachlasses durch die Erben. Die Testierfreiheit ist jedoch faktisch begrenzt durch ein Teilhaberecht bestimmter Angehöriger in Form eines schuldrechtlichen Pflichtteilsanspruches. Ist neben dem Vermögen, das generationenübergreifend perpetuiert werden soll, nicht ausreichend freies Vermögen zur Befriedigung dieser Ansprüche vorhanden, dann hat das Pflichtteilsrecht Liquidationswirkung, die Familienvermögensplanung scheitert. Vor diesem Hintergrund wird in der Praxis versucht, die erwünschte Familienvermögensplanung dadurch abzusichern, dass man die Pflichtteilsberechtigten einbindet und von ihnen ein bindendes Einverständnis etwa in Form eines Pflichtteilsverzichtes erreicht. Dies wirft dann freilich die Frage nach der Reichweite der Privatautonomie der Pflichtteilsberechtigten auf. Außerdem wird in der Praxis versucht, die Begrenzungen des Erbrechts zu entschärfen oder sogar zu unterlaufen, insbesondere durch ein Ausweichen in Rechtsgeschäfte unter Lebenden, gesellschaftsrechtliche Gestaltungen und die Übertragung des Familienvermögens auf einen eigenen Rechtsträger (Stiftung, Trust). Dies wirft die Frage nach der juristischen Belastbarkeit entsprechender Konstruktionen auf, die zunehmend angezweifelt wird.

Vor diesem Hintergrund lässt sich nunmehr das Grundanliegen des Forschungsprojektes formulieren: Im Mittelpunkt steht die Frage, ob eine Vermögensgesamtheit aufgrund der individuellen Entscheidung eines einzigen oder mehrerer Menschen gemeinsam über den Tod dieser Personen hinaus dauerhaft zwingend erhalten werden kann? Es geht darum, ob diese Person oder diese Personen überhaupt das Recht, dh die Gestaltungsmacht, dazu und darüber hinaus auch die Legitimation haben, also die Reichweite der Privatautonomie über den Tod des Rechtssubjektes hinaus. Damit geht es letztlich aber auch um die ganz grundsätzliche Frage, ob Familienvermögensplanung ein rechtlich zu respektierendes Anliegen ist, oder ob jede Generation neu über die Verwendung nachgelassener Ressourcen entscheiden dürfen sollte.

Die hier interessierenden Rechtsordnungen setzen der Gestaltungsfreiheit des Individuums bestimmte Grenzen, die im Rahmen des Forschungsvorhabens zunächst national und dann rechtsvergleichend und systematisch aufgearbeitet werden sollen. Erkenntnisleitend sind dabei die Fragen,

  • ob diese Grenzen sich in den hier untersuchten Rechtsordnungen im Großen und Ganzen decken,
  • ob hinter den unterschiedlichen Regelungsmodellen auch unterschiedliche Familienkonzepte stehen und
  • welche Instrumente (Stiftungen, Schenkungen, Vereinbarungen, Versicherungen) die verschiedenen Rechtsordnungen zur Vermögensplanung zur Verfügung stellen, einerseits um den bestehenden Rahmen zu respektieren, andererseits diesen Rahmen zu unterlaufen.

Die Kernfrage familiärer Vermögensplanung, die Frage nach der Reichweite der Privatautonomie des planenden Rechtssubjektes, lässt sich nicht einem bestimmten Teilgebiet des Privatrechts zuordnen. Sie berührt verschiedene Bereiche und überwindet zivilrechtsdogmatische Systemgrenzen. Familiäre Vermögensplanung ist ein Thema des Familienrechts, des Erbrechts, des Schuldrechts, des Stiftungsrechts, des Gesellschafts- und Unternehmensrechts und anderer Rechtsgebiete, wie etwa das Internationalen Privatrechts sowie des (Internationalen) Verfahrensrechts. Ferner bestehen Berührungspunkte zu bestimmten Teilen des öffentlichen Rechts, wie beispielsweise dem Sozialversicherungs- und dem Steuerrecht. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch der Grundrechtsschutz: Er kann zum einen eine Erweiterung der Gestaltungsfreiheit nahe legen, zum anderen aber auch eine Beschränkung.

Anliegen des Forschungsprojekts ist es nicht, handbuchartig und lexikalisch alle Varianten einer sinnvollen Vermögensplanung innerhalb der Familie aufzulisten und zu analysieren. Vielmehr wollen die Antragsteller jeweils feststellen, wo die Grenzen des Individuums für die vorausschauende Planung und Gestaltung liegen. Naturgemäß wird dabei typisierend und beispielhaft vorgegangen, da es um die Herausarbeitung der maßgeblichen Wertungen des Gesetzes und des Gestaltungsspielraumes de lege lata geht. Die Grenzen folgen aus dem Familien- und Eherecht, dem Erbrecht, sowie dem Gesellschaftsrecht. In Teilbereichen werden auch rechtspolitische Gestaltungsanliegen formuliert. Zu diesem Zweck wird das Konzept des geltenden zwingenden Rechts auf seine Leistungskraft und seine Rechtfertigung in der heutigen Gesellschaft hinterfragt und somit Grundlagenarbeit für rechtspolitische Entwicklung über nationale Grenzen hinweg geleistet.

Die hohe Gestaltungswirkung steuerlicher Regelungen wird voll erkannt. Das Steuerrecht bildet neben dem Pflichtteilsrecht die zweite Säule rechtlicher Rahmenbedingungen, ohne deren Berücksichtigung Familienvermögensplanung nicht gelingen kann. Diese zeigte sich gerade jüngst im Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts, in dem ausgesprochen wurde, dass die erbschaftssteuerliche Privilegierung von KMUs verfassungskonform ist.1 Sie wird aber in diesem Forschungsvorhaben nicht unmittelbar untersucht. Hinter dieser Eingrenzung steht die Überzeugung, dass die steuerlichen Regelungen den privatrechtlichen Sachgesetzlichkeiten folgen und nicht umgekehrt privatrechtliche Gestaltungen durch steuerliche Regelungen vorgeprägt und damit vielfach verzerrt werden sollten, wie es heute leider häufig der Fall ist.

3.7 Aus dem Grundanliegen des Forschungsprojektes ergeben sich eine Fülle von Folgefragen und Einzelprobleme und Problemkomplexe, die es zu sichten, systematisieren und analysieren gilt. Im vorliegenden Kontext können und sollen nur einige exemplarische Beispiele genannt werden: Zunächst ist erwähnenswert, dass in der Realität der Vermögensplanung das Erbrecht als Gestaltungsinstrument längst in einen funktionalen Wettbewerb zu anderen Rechtsinstituten geraten ist. Neben den schon mehrfach angesprochenen schuldrechtlichen Instrumenten (zB lebzeitige Schenkung, sowie Schenkung auf den Todesfall, Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall, wie insb Lebensversicherung) sind vor allem die Stiftung oder der Trust zu nennen. Es ist ein besonderes Anliegen des Forschungsprojektes, diese Instrumente auf ihre Leistungskraft und Wirkungsweise gerade für eine rechtssichere, langfristige Vermögensplanung im Lichte der maßgeblichen Interessen zu überprüfen.

3.8 Eine besondere Rolle wird weiterhin die Teil- bzw Unteilbarkeit einer unternehmerischen Beteiligung zur Erhaltung nicht nur des Vermögenswerts, sondern auch der Verfügungsbefugnis, dh etwa um eine bestimmte Mehrheits- oder sonstige Einflusspositionen zu halten, spielen. Die Verteilungsfunktion des Erbrechts bewirkt, dass die Mitglieder ein und derselben Familie möglichst gleich an dem Vermögen des verstorbenen Erblassers beteiligt werden sollen.2 Damit wird nicht nur das Eigentum aufgeteilt, sondern geht in einem Unternehmen oder in der Gesellschaft Einfluss verloren; das Gesellschaftsrecht bietet mit den Instrumenten der Holding, des Syndikatsvertrags (Stimmpool) ebenso wie der Stiftung Gestaltungsinstrumente zum Zusammenhalt der Unternehmensbeteiligung. Dadurch werden zahlreiche Fragen der Wirkungskraft, der Zulässigkeit von Einschränkungen des Einzelnen, insbesondere die Gestaltung der Verfügungsmacht über das Unternehmen aufgeworfen, die rechtsvergleichend und je nach Rechtsform und Situation zu untersuchen sind.

Ein weiterer ganz maßgeblicher Bereich für das Zusammenspiel von Gesellschafts- und Erbrecht sind die Wirkungskraft und die Gestaltbarkeit des Pflichtteilsrechts. Durch den Pflichtteilsanspruch wirkt sich der Erbfall nicht nur gegenüber den begünstigten Erben, sondern in weiterer Folge auch gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern aus, indem etwa eine Abfindung bezahlt, hohe Dividenden ausgeschüttet oder ein wesentlicher Geschäftsanteil veräußert werden muss, um die notwendigen Mittel für die Befriedigung des Pflichtteilsanspruchs leisten zu können. Daher ist es sachgerecht, genau zu untersuchen, wie die einzelnen Rechtsordnungen über gesellschaftsrechtliche und erbrechtliche sowie sonstige zivilrechtliche Mechanismen Gestaltungen eröffnen, um die Erhaltung von Familienunternehmen und unternehmerischem Vermögen einen zulässigen Rahmen zu geben, inwieweit somit ein Abfindungsausschluss, Bewertungsregeln, Übertragungsregeln auf die Pflichtteilsberechtigung durchschlagen, umgekehrt inwieweit sich aus erbrechtlicher Sicht Gesellschaftsanteilsübertragungen und Dividendengestaltungen auf die Qualifikation von Anteilsübertragungen als Schenkung auf die Pflichtteilsbemessung auswirken.3 In diesem Zusammenhang spielt auch die Bewertung der übertragenen Anteile eine herausragende Rolle und zwar sowohl bei Vermögensübertragungen zu Lebzeiten des Erblassers als auch von Todes wegen. Die Unternehmensbewertung wirft neben betriebswirtschaftlichen Fragen auch eine Reihe von Rechtsfragen auf4, nämlich die Frage des Zeitpunkts der Bewertung, die Berücksichtigung bestimmter wertbestimmender Faktoren, die Verteilung des unternehmerischen Risikos über bestimmte Zeiträume, die Auswirkungen einer Veräußerung des Unternehmens innerhalb einer bestimmten Frist etc.

Im Bereich des Ehegüter- und Scheidungsfolgenrechts gilt es zu untersuchen, inwieweit das Gesetz den familiären Gestaltungswünschen bei der Vermögensplanung Grenzen setzt. Das Eherecht ist vom Gesetzgeber umfassend geregelt. Das österreichische Eherecht geht zB vom Grundsatz der Gütertrennung aus. In der rechtshistorischen Entwicklung gab es auch Formen der Vermögensgemeinschaft, die sowohl im Eherecht5 als auch im Erbrecht6 Niederschlag fanden und eine stärkere Bindung des Vermögens an die Familie anstatt an ein Individuum vorsahen.

Im Falle einer Scheidung sind gemäß § 81 österr EheG das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse zwischen den Ehepartnern aufzuteilen. Bei der Eheschließung stellt sich ua bereits die Frage nach der rechtlichen Zugehörigkeit der Vermögensmassen, die während der Ehe in Form von Gebrauchsvermögen oder Ersparnissen erworben werden. In bestimmten Bereichen kann vom gesetzlich festgelegten Regelungsinhalt nicht abgewichen werden – zB im Unterhaltsrecht7 oder bei Vorwegvereinbarungen8 über die eheliche Errungenschaft.

In vielen Fällen kann aber das Gesetz auf die individuellen Bedürfnisse hin adaptiert werden. Familien stehen bei Eingehung und Auflösung einer Ehe oder Partnerschaft durch ein Familienmitglied oft vor der Frage, in welcher Weise die vermögensrechtlichen Angelegenheiten für den Fall der Trennung geregelt werden sollen. In der Praxis besteht für viele Familien ein Bedürfnis, eine rechtlich verbindliche Vermögensplanung, vor allem auch hinsichtlich einer generationsübergreifenden Vermögensweitergabe festzulegen. Daneben besteht aber auch ein Bedürfnis von Heiratswilligen, bereits bei ihrer Eheschließung die Folgen ihrer Ehe, aber auch einer allfälligen Scheidung vertraglich festzulegen. Beide Bedürfnisse stehen in einem Spannungsverhältnis. Die maßgebliche Frage lautet, welchen Gestaltungsspielraum lassen die zwingenden Normen, die die Privatautonomie aufgrund ihrer Vorgaben im Eherecht mitunter stark einschränken, für die individuelle Vermögensplanung zu und welche Normen lassen sich aus der Kautelarpraxis hier brauchbar machen. Als Vorfrage ist im familiären Bereich zu beurteilen, welchen Zweck die Vermögensplanung in diesem Bereich hauptsächlich verfolgt: Hat sie mehr Versorgungscharakter und dient gänzlich privaten Interessen der Familienmitglieder, oder hat sie mehr bzw in der Mehrzahl der Fälle wirtschaftlichen Charakter und dient beispielsweise der Förderung und Erhaltung eines Unternehmens bzw von Familienvermögen.

Ein ganz wesentlicher Aspekt liegt in der häufig anzutreffenden praktischen Gestaltung, dass Ehepartner zulasten der Kinder bevorzugt werden, einfach um den Lebensunterhalt des überlebenden Ehepartners sicherzustellen und die Kinder erst nach Ableben des zunächst überlebenden Ehepartners als Erben zum Zug kommen zu lassen. Diese Gestaltung findet sich auch häufig in österreichischen Privatstiftungen, indem neben dem Hauptstifter und Hauptbegünstigten vielfach dessen Ehepartner – im praktischen Regelfall die Ehefrau – als Zweitbegünstigte(r) genannt wird und erst nachfolgend nach dessen bzw deren Ableben die Kinder. Damit drängt die Versorgung des überlebenden Ehepartners die gesetzlich dispositive Ordnung des Pflichtteilsrechts der Nachkommen in der Lebenswirklichkeit deutlich zurück. Dieses Auseinanderlaufen der gesetzlichen Wertung der parallelen Ansprüche von Ehepartnern und Kindern soll in den drei Rechtsordnungen und mit den Auswirkungen auf eheliche, erbrechtliche und auch unterhaltsbezogene Regelungen besondere Aufmerksamkeit erfahren.

Von besonderer Bedeutung für die hier weiter interessierenden Fragen sind die „Unternehmerehe“ und die Folgen bei deren Trennung.9 Zugespitzt stellt sich die Frage, ob der Unternehmer seiner Ehefrau, die zwar nicht aktiv im Unternehmen mitgearbeitet hat, wohl aber alle gesellschaftlichen Anlässe, die unternehmensbezogen oder unternehmensindiziert waren, mitgemacht bzw mitgestaltet und organisiert hat und/oder die die Kinder im völligen Einvernehmen mit dem Mann erzogen hat, unter Berufung auf einen Gütertrennungsvertrag von jeder Teilhabe ausschließen kann, auch wenn feststeht, dass sich das Unternehmen ohne diese Leistungen in dieser Form nicht hätte entwickeln können und nicht diesen Wert darstellen würde. Dabei ist wiederum in rechtsvergleichender und systematischer Weise den nachstehenden Fragen nachzugehen:

  • Hat sie ein Mitspracherecht über die Teilung?
  • Hat sie einen Anspruch auf einen gegenständlichen Anteil?
  • Hat sie einen wertmäßigen Anspruch?
  • Hat sie überhaupt keinen Anspruch, weil keine unmittelbare unternehmerische Tätigkeit oder Mitwirkung geleistet wurde, sondern nur reflexartige Leistungen?

Präzisierend ist zu fragen, ob die Probleme allein über den nachehelichen Unterhalt zu lösen sind, ob es eine eigene Abgeltung für Mitarbeit (§ 98 österreichisches ABGB) gibt oder ob diese Leistungen eben im Rahmen eines eigenständigen Aufteilungsanspruches oder eines anderen eigenständigen eherechtlich begründeten Anspruches abzugelten, zu teilen und neu zu bewerten sind. Um zu sachgerechten Lösungen zu gelangen ist jedenfalls eine eigenständige neue Qualifikation und Bewertung des Begriffs Leistung für erfolgreiche unternehmerische Tätigkeit erforderlich und ist zu überlegen, in welchem Gestaltungsrahmen sie zu fassen ist. Neben den zivilrechtlichen Instrumenten des Ehepaktes und der sonstigen Eheverträge sind vor allem die Leistungskraft und die Wirkungen der Verwendung einer Stiftung zu untersuchen.

Von Interesse ist auch die Frage, welche Auswirkungen es auf die (bisherige) Vermögensplanung hatte, wenn man nicht durch eine Ehegattenvereinbarung für den Trennungsfall Vorsorge getroffen hat und inwieweit man noch mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung im Rahmen der einvernehmlichen Ehescheidung eine Lösung zur Vermögenserhaltung erzielen kann (§ 97 Abs 5 österr EheG). Ein weiterer Punkt der Untersuchungen betrifft auch Fragen, welche gesetzlichen Unterschiede der Vermögensteilung bei Scheidung der Ehe und im Todesfall gelten.

Die generelle Entwicklung der Gesellschaft zeigt die Verwirklichung ganz unterschiedlicher Lebensentwürfe. Diese Vielfältigkeit gilt es im Bereich der „familiären“ Vermögensplanung in entsprechender Breite zu berücksichtigen. Für Personen und Paare ohne eigene Nachkommen stellt sich daher ebenso die Frage der Vermögensplanung und Vermögensweitergabe. Hier wird zu ergründen sein, welche Möglichkeiten hinsichtlich der Vermögensweitergabe beispielsweise an Adoptivkinder, Stiefkinder bzw an Geschwister und Geschwisterkinder oder an Dritte bestehen.

Die nichteheliche heterosexuelle Lebensgemeinschaft bewegt sich in vielen europäischen Rechtsordnungen im relativ rechtsfreien Raum. Solche rechtlich unverbindlichen Gemeinschaften gewinnen allerdings gegenüber der Ehe als bisher vorherrschendem Modell zunehmend an Bedeutung. Im Fall der Trennung von Lebensgefährten besteht daher eine erhebliche Rechtsunsicherheit – vor allem im Hinblick auf die vermögensrechtliche Rückabwicklung der Partnerschaft. Auch in diesem Bereich gilt es zu untersuchen, wie ein gemeinsamer Vermögensaufbau und/oder ein gemeinsames Wirtschaften bzw eine Vorwegregelung der Trennungsfolgen auf eine rechtlich sicherere Basis gestellt werden kann.

Dabei sind auch die unterschiedlichen europäischen Rechtsordnungen  für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften zu hinterfragen. Aufgrund der Möglichkeit der Eingehung einer eingetragenen Partnerschaft10, stellt sich auch für diese Form der Partnerschaft die Frage der Vermögensplanung und –weitergabe. Ein erster Punkt betrifft in diesem Bereich die Frage nach der rechtlichen Gleichwertigkeit, ob und wo diese im Bereich des Vermögens der Ehe angeglichen ist.

Bei der Vermögensplanung spielt das Internationale Privatrecht eine immer größere Rolle. Dies hat nicht allein damit zu tun, dass größere Vermögen fast immer über mehrere Staaten verstreut sind. Wesentlich erscheint vielmehr, dass die neueren Rechtsakte des auf der Ebene des Unionsrechts vereinheitlichten Kollisionsrechts bestimmte Möglichkeiten der Rechtswahl bieten, die noch vor wenigen Jahren nicht oder nicht in dieser Weise vorhanden waren. Beispielhaft sei die EU-Erbrechtsverordnung erwähnt, die dem Erblasser in Bezug auf das anwendbare Erbrecht nicht nur die Möglichkeit einer beschränkten Rechtswahl in der letztwilligen Verfügung bietet, sondern auch eine de facto unbeschränkte Wahlmöglichkeit durch die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts.

Auch im Zusammenhang mit der Eheauflösung spielt das IZPR und IPR eine wesentliche Rolle. Ein zentrales Problem stellt hier vor allem die Tendenz der besser informierten PartnerInnen zur Wahl eines für den eigenen Rechtsstandpunkt günstigen Gerichtsorts dar (sog forum shopping). Obwohl es für die Ehescheidung eine Fülle von verschiedenen Kollisionsnormen gibt – zB für die Scheidungsvoraussetzungen, die ehegüterrechtlichen Folgen der Scheidung, die nachehelichen Unterhaltsfolgen – besteht dennoch eine relative Lückenhaftigkeit bei der Harmonisierung des Zuständigkeitsrechts und des IPR. Grenzüberschreitende familiäre Bindungen bergen daher viel an Rechtsunsicherheit und damit an Sprengstoff für vertragliche Vorwegregelungen.

Die Auswirkungen dieser Gestaltungsmöglichkeiten auf die Vermögensplanung sollen Teil des Forschungsprojekts sein, wobei der Vergleich mit dem schweizerischen Recht, das neben anderen schon lange die erwähnten Rechtsmittel enthält, besonders interessant ist.


[1] BVerfG 17.12.2014, 1 BvL 21/12.

[2] Siehe nur Schauer in Kalss/Schauer, Unternehmensnachfolge (2001); Kalss, ZGR 2007/530.

[3] Zollner, Aufgriffsrechte in der GmbH und Pflichtteilsrecht, JEV 2014, 6 ff.

[4] Kalss/Probst, Familienunternehmen (2013) Rz 18/1 ff.

[5] Vgl dazu eingehend Flossmann/Kalb/Neuwirth, Privatrechtsgeschichte7 (2014) 120ff.

[6] Vgl dazu eingehend Flossmann/Kalb/Neuwirth, Privatrechtsgeschichte7 (2014) 373ff.

[7] Vgl Deixler-Hübner in Deixler-Hübner, Ehevertrag3 2013,63ff.

[8] Vgl Deixler-Hübner in Deixler-Hübner, Ehevertrag3 2013, 132ff.

[9] Für Deutschland ua: Dauner-Lieb, Gütertrennung zwischen Privatautonomie und Inhaltskontrolle, AcP 2010, 580; Für Österreich: zB Deixler-Hübner, Ehevertrag3 (2013) 75f und 234f; Deixler-Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, Ehe- und Partnerschaftsrecht (2011) § 82 EheG Rz 15 ff; Holzner, Ehevermögen bei Scheidung und Tod (1998); Linder, Das Unternehmen in der Ehescheidung zwischen Ehe- und Gesellschaftsrecht, GesRZ 2007, 7; Oberhumer, Unternehmen und Gesellschaftsanteile in der nachehelichen Vermögensaufteilung (2011); Für die Schweiz ua: Deschenaux/Steinauer/Baddeley, Les effets du mariage (2009).

[10] Je nach der besonderen Ausgestaltungen in den betroffenen Ländern.